Missa solemnis

von
Franz Xaver Brixi (1732-1771)

Zum 250. Todestag des Prager Dom-Kapellmeisters wollten wir bereits 2021 dessen Missa solemnis zur Aufführung bringen. Wir holen dies nun am 26. Dezember 2022 und am Ostermontag, 10. April 2023 – jeweils um 15 Uhr – in unser klangvollen Zollingerhalle nach.

Als Typus einer „Missa solemnis“ ist vielen nur die eine von Ludwig van Beethoven bekannt, welche dieser zur Inthronisation seines Gönners, des Habsburger Erzherzogs Rudolf von Österreich als Bischof von Olmütz komponiert hatte. Bis zum Fest hatte Beethoven allerdings nur Kyrie, Gloria und Credo vertonen können – die Reststücke ab dem Sanctus waren für diesen Gottesdienst von einer bereits bestehenden Messkomposition übernommen worden. Nach dem Fest hatte Beethoven Zeit, die Reststücke seiner Solemnis in größter Pracht und Länge zum Abschluss zu vertonen.

Nummer zwei: Zum 300. Geburtstag von Leopold Mozart (1719-87) hatte seine Geburtsstadt Augsburg eine von ihm komponierte Missa solemnis 2019 zur Wiederaufführung gebracht: eine hervorragende Leistung!

Nummer drei: Vom Jahrtausend-Jubiläum des Klosters Tegernsee 1746 fand ich eine Jubiläumsmesse von Frater Marianus Königsperger, gedruckt 1747. Obwohl ich von dieser Messe das Kyrie schon vor Jahrzehnten bearbeitet und aufgeführt hatte, fiel es mir 2019 wie Schuppen von den Augen: Auch diese Messe war eine Missa solemnis – im lateinischen Titel auch so genannt. Nach Bearbeitung der alten Noten möchten wir sie 2023 in der ehemaligen Klosterkirche Tegernsee wieder zum Klingen bringen.

Nummer vier: Für das 250. Todesjahr des berühmten Prager Komponisten und Kapellmeisters Brixi hatte der Musikverlag Dr. J. Butz in Bonn dessen Missa solemnis in D herausgebracht. Wegen Stimmproblemen und fehlenden Bratschennoten habe ich ergänzend eine C-dur-Ausgabe hergestellt, die wir nun mit einem Jahr Verspätung in aller Pracht zu Weihnachten 2022 erstmals erklingen lassen wollen. Allein das Gloria dieser Messe besteht aus sieben Kantatensätzen mit einer Dauer von 35 Minuten.

Was dies musik- und kulturgeschichtlich bedeutet, ist nicht weniger als die Wiederentdeckung des Typus „Missa solemnis“: die höchste Form der kirchlichen Musik im katholischen Bayern, Schwaben, Österreich und Böhmen. Vernichtet durch die Säkularisation 1803. Der dem damals noch siegreichen Napoleon Bonaparte andienende Graf Montgelas hat sie in Bayern am brutalsten durchgeführt. Da dieser aber nicht alle Stiftskirchen einreißen lassen konnte – das ehrwürdige Wessobrunn und das prachtvolle Münsterschwarzach ausgenommen – hat er die leichter zu vernichtenden Kirchenmusikalien zerstören lassen. Nämlich alle. Dass in Weyarn das komplette Kirchenmusikarchiv von den beiden Säkularistionsbeauftragten übersehen wurde, ist der Februarkälte 1803 in der Stiftskirche zu verdanken. Der Schrank mit den Noten blieb unentdeckt. In diesem Musikbestand habe ich nunmehr 47 Missae solemnes verschiedenster Kompositionen nachgezählt.

Bis 1817 gab es aus staatlicher Montgelas-Feindseligkeit auch keine offizielle Kirche mehr in Bayern. Das ganze Vermögen der Klöster wurde binnen kurzer Zeit verplempert. In Bayern wurde als erstem Land die Wehrpflicht eingeführt. Von den 20.000 jungen Bauernsöhnen, die Montgelas einzog und für Napoleon nach Russland schickte, kehrte kaum einer zurück. Die Landwirtschaft lag am Boden. Als es zur großen Hungersnot 1817 kam, setzte Kornprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I., endgültig gegen seinen Napoleon- und Montgelas-verbundenen Vater Maximilian I. die Absetzung von Montgelas durch. Und die von Ludwig geschützten Wallfahrtskirchen der Wies und Marienberg blieben nunmehr erhalten.

Nach diesen Erkenntnissen habe ich den von mir erarbeiteten Musikalienbestand durchforstet und fand dabei nicht weniger als 8 Missae solemnes von verschiedensten Komponisten. Ich hoffe, dass wir diese alle noch einmal aufführen dürfen, und dass der Himmel, der mir jetzt diese Erkenntnis gab, auch die Lebenszeit dafür noch gewährt.

Ihr Dr. Sixtus Lampl

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